Wie es war?

Nunja, erstmal komisch allein ins Kino zu gehen, zumindest beim Warten auf den Einlass.
Dann etwas nervig weil 25 Minuten lang Werbung für National Theatre Produktionen und Standbilder gezeigt wurden, als würde man auf den Start der Live Performance warten, und in der Pause wurden auch die 15 Minuten Bühne putzen nicht vorenthalten. Das wäre nun nicht notwendig gewesen. Das Stück dauert eh so schon lang genug, wenn man am nächsten Tag in die Schule Arbeit muss. Die Interviews fand ich dagegen sehr interessant.
Und schlußendlich war es noch etwas eigenartig zwischen lauter (ziemlich jungen) Fangirls zu sitzen. Würde Tom nicht die Hauptrolle spielen, der Saal wäre beinahe leer. So war er gut zur Hälfte gefüllt, was für Shakespeare und unter der Woche schon bemerkenswert ist. Erstaunlicherweise war auch ein (1) Mann im Publikum!
Aber tatsächlich hat mir die Vorstellung richtig gut gefallen, wie gesagt ich mag Shakespeares Sprache und als Theater aufgeführt macht das Erlebnis noch um so viel besser als wenn man die Stücke liest. Dafür fehlt mir die Konzentrationsfähigkeit, und die (fehlende) Intonation und das Versmaß verhindern, dass ich mich auf die Geschichte, die Aussage des Stücks einlassen kann. Definitiv ist Shakespeare lesen nur das halbe Vergnügen.
Und ich gebe offen zu – ein wenig Fangirl bin ich ja auch 😉 und ich fand ihn richtig gut (und gut aussehend) im Stück.
Zum Inhalt: ich habe Coriolanus (den Mann) so verstanden: er ist ein Krieger, kein Politiker, und macht auch keinen Hehl daraus, dass er das nicht sein will. Er weiß selbst dass diese Rolle, die seine Mutter und der Senat von ihm verlangen, nichts für ihn ist. Dennoch will er es allen recht machen, sieht sich als Soldat als Diener seines Landes und nimmt die Herausforderung widerwillig an. Er erfüllt aber einfach nicht die Jobbeschreibung eines Diplomaten und politischen Führers, der sich in erster Linie um die Akzeptanz des Volkes bemühen muss (soll).
Dass seine Gesinnung immer wieder als faschistisch beschrieben wird, führte dazu, dass ich den Begriff recherchieren musste. Ich bin um nichts schlauer – leider. Kann mir jemand den Zusammenhang schlüssig erläutern? Für mich ist er die extreme Ausformung eines Kastenwesens in Form der Patrizier, der waltenden Macht, und den Plebejern, dem einfachen Volk. Er ist ein Aristokrat, sich seiner Position bewusst und meint er ist etwas Besseres. Tun das nicht alle Aristokraten in allen Ausprägungen? Sind sie dann Faschisten? Ja, er schaut auf das Volk herab, es ist ihm weitestgehend egal, von ihm aus können sie alle gehängt werden. Das ist Arroganz und antidemokratisch, aber Faschismus? Vielleicht habe ich nur nicht die richtige Definition gefunden. Ich habe Faschismus immer mit Rechtsextremismus oder Nationalsozialismus in Italien in Verbindung gebracht (Mussolini halt). Mit Ausmerzung des „Anderen“. Coriolanus kämpft für sein Land, auch für das einfache Volk, nicht nur für die Patrizier, was er auch so betont hat. Als ihm Freundlichkeit von einem Sklaven entgegen gebracht wird, will er sich revanchieren. Er hat aber dessen Namen vergessen, was wohl darauf schließen lässt, dass er nicht alle Niedereren verachtet, aber dass sie ihm im Grunde egal sind. Auch verabscheut er nicht seine Feinde, gegen die er Rom verteidigt. Er bewundert Aufidius offen und wendet sich sogar an ihn. Ja, Rache macht ihn zum Verräter, das ist auch nicht nett – insgesamt ist Coriolanus nicht „nett“ – aber faschistisch? Ich möchte hier nicht politisch werden, ich verstehe nur wirklich nicht, warum Coriolanus damit beschrieben wird…
Jedenfalls, gut war’s, gern öfter Shakespeare auf der Bühne oder Theater im Kino, auch ohne ihn.
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